Riga meets Mönchengladbach

Dass wir als Berufskolleg viel mehr machen als „nur“ Unterricht, zeigte sich an 4 besonders erhellenden Tagen im Oktober dieses Jahres.

Ein „Ort der Begegnung“ – als einen solchen bezeichnet Ieva Rosne, faveo. lv, die von ihr im Jahre 2022 gegründete Stiftung, die sich für die Arbeitssuche für Menschen mit Einschränkungen, stark macht.

Die Gründerin und Mutter eines Sohnes mit Behinderungserfahrung, Christers, 25 Jahre jung, setzt sich in ihrer Heimat, Lettland, dafür ein, dass Menschen mit Behinderungserfahrung, ihren Platz in der Gesellschaft finden und die Chance erhalten, ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Wie so viele junge Menschen mit Behinderungserfahrung findet auch Christers keine Beschäftigung nach der Schule, die es ihm ermöglicht, sich als sinnstiftendes, wertvolles Mitglied der Gesellschaft zu fühlen. Nicht nur für die Betroffenen selbst; auch für die Betreuenden impliziert diese sehr desolate Lage hinsichtlich der Beschäftigungsmöglichkeiten eine immens hohe Belastung und hinterlässt oftmals Frust, Trauer, Resignation.

Nicht jedoch bei Ieva, die sich zusammen mit ihrem Team aus EhrenamtlerInnen, für eine inklusivere Gesellschaft in Lettland einsetzt.

FAVEO organisiert verschiedene Aktivitäten, die darauf abzielen, ein integratives Umfeld und Dienstleistungen zu schaffen, berät über die Zugänglichkeit der Umwelt, nimmt teil und organisiert verschiedene Diskussionen. Ziel und Herzensangelegenheit von faveo ist es, die Thematik über die kaum existierende Möglichkeit, eine Arbeitsstelle für Menschen mit einer Lernschwierigkeit zu finden, zu verbreiten und darauf aufmerksam zu machen.

Auch wir als Berufskolleg begreifen uns als einen Ort der Begegnung und vertreten Werte, die auf eine inklusive Gesellschaft und Teilhabe im Berufs- und Privatleben eines jeden Menschen abzielen. Vor diesem Hintergrund entstand der Kontakt zwischen faveo und der Stiftung, die dann, dank des großen Engagements unseres Vorstandes, Herrn Dr. Ulland, nach Mönchengladbach kamen und zwei Wochen lang „hinter die Kulissen“ Hephatas blicken durften. An drei Tagen in der Woche besuchten unsere lettischen Gäste, zusammen mit Christers, verschiedene Werkstätten und gewannen Einblick in die vielfältigen Möglichkeiten, Arbeit als unabdingbares Moment eines Menschen zu erfahren und auch zu erleben.

Allen voran Christers, der sich besonders stark am Gartenshop auf dem Kerngelände der Stiftung erfreute und die Gelegenheit bekam, selbst aktiv zu werden und gemeinsam mit anderen Mitarbeitenden seine Fähigkeiten und seine Talente zu erproben.

Um einen möglichst facettenreichen Einblick in die Arbeitsbereiche der verschiedenen Werkstätten zu erhalten, standen auch der Spielkaulenweg, die Erftstraße und auch die Werkstatt in Mettmann auf der Agenda unserer Gäste.

„Ich war den Tränen nahe“, sagte die Mutter Ieva, als sie ihr Kind „in action and with lots of happiness and a huge smile on his face“ sah.

Für einen schönen Kontrast sorgten dann die vier Tage, die unsere Gäste aus Lettland, am Berufskolleg verbrachten.

Begrüßt und empfangen wurden die Gäste vom Schulleiter, der eine Einführung in die Thematik der Eingliederungshilfe darbot. Darüber hinaus erlangten unsere Gäste Einblick in die Strukturen unseres Berufskollegs und staunten nicht schlecht, als sie erfuhren, wie viele Möglichkeiten hinsichtlich der Schulabschlüsse und die damit zusammenhängenden beruflichen Möglichkeiten auf die AbsolventInnen warten.

Nach der Einführung seitens der Schulleitung, durften die Gäste dem Unterricht beiwohnen. An dieser Stelle sei allen Kolleginnen und Kollegen herzlichst gedankt, die sich bereit erklärt haben, die Gäste „mit ins Boot“ zu holen und für diese Zwecke, den Unterricht sprachlich angepasst haben?

Ulla Lettau ist es zu danken, dass die Gäste den Bildungsgang gFAB kennenlernen durften und dort in einen intensiven Austausch mit erfahrenen Angestellten einer WfmM treten konnten. Heike Fehrholz und auch Christoph Jacobs gestalteten ihren Unterricht in dem Bildungsgang HEP in größten Teilen auf Englisch und informierten die Studierenden und die Gäste über relevante Inhalte, die faveo.lv für die weitere Arbeit dienlich sein werden.

Abgerundet wurden die 4 inspirierenden Tage von einem schmackhaften Mittagessen und erfrischenden Getränken, die es ohne das Engagement unserer Schulverwaltungskraft Sandra Burkhardt, nicht gegeben hätte. Gemeinsam mit Lehrenden, SchülerInnen und Studierenden traten die Gäste aus Lettland in einen regen Austausch, der die Gefühlsplatte von „lehrreich“, „aufwühlend“, „bewegt“ bis „dankbar“ bediente.

Nach fast zwei Wochen voller Eindrücke, Input und Inspirationen, teilten die Gäste in einem Resümee ihre Erfahrungen mit Karsten Bron.

„Die Reise muss und wird weitergehen für uns“. Unsere Schule und auch die Tage in den WfbMs zeigten den Gästen neue Möglichkeiten auf, wichtige neue Erkenntnisse hinsichtlich der gesetzlichen Strukturen wurden generiert und viele neue Ideen im Zuge der Weiterarbeit in Lettland wurden gewonnen.

Tief berührt sagte Ieva am letzten Tag folgenden Satz, der uns alle dankbar und traurig zugleich innehalten lässt: „It is incredible what opportunities people with disabilities have in Germany. I wish, there was something like that in Latvia. I know that things are moving in our country, slowly, but moving. I really hope that my work and effort will pay off one day. For Christers, for all the other people who seek to find a workplace and for our society as a whole!“

 

In diesem Sinne bleibt nicht mehr viel zu sagen, außer vielleicht: Danke, dass ihr da wart und danke an die Stiftung, die solche Erlebnisse ermöglicht. Wir leben und lieben das Miteinander und setzen uns gemeinsam für eine inklusivere Welt ein – nicht nur bei uns! Für faveo wünschen wir, dass wir zu der lebenslangen Reise, ein wenig beitragen konnten und wünschen euch viel Liebe, Geduld und Ausdauer.

Uz drīzu tikšanos!

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